Wie verzweifelt waren wir gestern Abend, als wir hinter Eckernförde keine Übernachtungsmöglichkeit sahen. Und wie wendete sich unsere Aussichtslosigkeit zum traumhaften Abend. Heiner berichtete gestern ja bereits ausführlich darüber. Selbst die Schnecken, die uns beim mitternächtlichen Aufsuchen des Zeltes in ganzen Bataillonen ums Zelt krochen, konnten uns nicht von einem sorgenfreien Schlaf abhalten. Gut, zwei Schnecken hatten es bis in Heiners Lebensmitteltüte geschafft und versuchten im Vorzelt unserer Gastgeber sich heute Morgen in Sicherheit zu bringen. Aber hier hatten sie natürlich nicht mit dem erfahrenen „Katapultierer“ Heiner gerechnet, der in gewohnter Weise (mir ist leider entfallen, ob es wieder ein Plastiklöffel war, ich meine aber nicht!) diese in die Weiten des unübersehbaren Campingplatzes beförderte. Die Gastfreundschaft von Jutta und Manfred hält auch am Morgen noch an und wir dürfen uns in bequemen Campingstühlen an einen gedeckten Tisch im Vorzelt setzen. Jutta würde am liebsten sehen, dass wir uns an den Dingen bedienen, die sie so alle aus diversen Schränken und Ecken herbeizaubert, aber wir haben ja noch selber genug zum Frühstück eingekauft. Gut gestärkt machen wir uns dann ans Einpacken und ich gehe noch einen kleinen Beitrag fürs Duschen beim mittlerweile angekommenen Platzwart bezahlen. Das Zelten ist umsonst, da wir ja bei Juttas und Manfreds Stellplatz gezeltet haben. Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und machen uns auf den Weg über die Kreisstraße K16 nach Strande, Friedrichsort, Holtenau und kommen nach Kiel. Unterwegs begegnet uns, wie Heiner gestern bereits erwähnt hat, Herr Kubicki mit Gefolge auf Werbetour für die anstehende Bundestagswahl. Da ich als Erster fahre und Herrn Kubicki sofort erkenne rufe ich ihm spontan zu: „Was habt ihr hier in Schleswig-Holstein nur für beschi … ene Fahrradwege, so etwas haben wir auf unserer ganzen Tour um die Ostsee nirgendwo angetroffen!“ Doch dann höre ich hinter mir Heiner, wie er Kubicki in vollen Tönen mit Lobpreisungen überschüttet. Ach könnte ich doch einmal ohne Zwischenbemerkungen meines Radelkollegen mich mit Leuten unterhalten. Kiel zeigt sich im besten Sonnenlicht und wir machen einige Fotos vom Hafenbereich, den man gut befahren kann. Hinter Kiel gibt es wieder eine nördliche Ausbuchtung um die Stadt Schönberg herum. Hier kommen wir an verschiedenen schönen Märchen-Arrangements vorbei. Eine Regionalzeitung hat einen Wettbewerb ausgeschrieben. So kommt uns Emma mit Jim Knopf und seinem Lokomotivführer entgegen und in einem anderen Dorf ist eine begehbare Kirche aufgebaut, die zur Vogelhochzeit einlädt. Mit viel Liebe zum Detail erstellt und als Werkstoff vorzugsweise aus Stroh. Eine tolle Idee! Es geht dann zum Stakendorfer Strand, wo wir einen Campingplatz der gehobeneren Kategorie antreffen. Ich traue meinen Augen nicht, als ich auf die Karte sehe und die Hinweisschilder lese. Aber hier ist den Holsteinern nichts Besseres eingefallen, als Strandabschnitte ganz offiziell nach Brasilien, Kalifornien und anderen Highlights zu benennen. Auf dem Campingplatz zelten wir wieder in Nähe des Sozialgebäudes und es gibt eine weitere Familie, die in der Nähe ihr Zelt hat und man hört fröhliche kölsche Tön. Ach ging mir da das Herz auf, so natürlich, unbelastet, aufgeschlossen „dat jit et nur en Kölle“! Abends gibt es noch ein Nudelsüppchen und dazu (wegen dem Qualitätslevel mit 5 Sternen, gab es natürlich keinen Kühlschrank!) hatte ich vorsorglich einen Merlot-Rotwein eingekauft, den man auch ungekühlt trinken kann. Obwohl Heiner diesmal der Meinung war (bei Bier war ihm das häufig egal), den Wein etwas im Spülbecken mit kaltem Wasser kühlen zu müssen. Trotz unruhiger Nacht (es war ja mal wieder Wochenende) haben wir ganz gut geschlafen, was sicherlich auch an dem Rotwein gelegen hat.














