Eigentlich könnte ich mich ja noch 10 mal hin und her drehen, bevor ich aus dem Zelt krieche, denn ich habe mich ja entschieden, einmal einfach anzuhalten. Die Freiheit zu erleben, kein selbstgesetztes Ziel zu erreichen, mich keinem terminlichen Zwang aussetzen zu müssen, den Tag einfach kommen zu lassen, zu faulenzen, mich einfach mal wieder hinlegen, Stunden der Muße! Kann ich das, halte ich das aus? Eine innere Uhr und die mit der aufgehenden Sonne zunehmende Wärme im Zelt lassen mich zur gewohnt frühen Zeit dann doch aufstehen. Beim Gang zur morgendlichen Dusche nehme ich den kleinen Kochtopf und den Tauchsieder mit und setze Kaffeewasser auf. Nach dem Frühstück inspiziere ich die Straßenkarte 1:200T um eine geeignete Fahrroute Richtung NRW zu finden. Kies-, Schotter- und Sandwege hatte ich an den beiden letzten Tagen genug. Daher präferiere ich für den morgigen Abschnitt möglichst auf Bundes- und Landstraßen zu bleiben. Leider finde ich in der gewohnten Entfernung von 80-100km der anstehenden Wegstrecke keinen Campingplatz. Ich rufe meinen Freund Ferdi an und bitte ihn im Internet einmal zu recherchieren, ob er hier etwas finden kann. Leider Fehlanzeige! Es gibt im Gebiet der Lüneburger Heide ohnehin nur wenige Campingplätze. Also muss ich morgen auf gut Glück solange fahren, bis ich etwas finde. Ich überlege, dass ja reichlich abgeerntete Felder verfügbar sind, aber zur Zeit vor dem Ackern und Grubbern an vielen Stellen Jauche ausgefahren wird, was für intensive Wahrnehmung der landwirtschaftlichen Ausprägung dieser Region sorgt. Aber irgendeine Stelle, vielleicht in einem Waldstück wird sich wohl finden, um meine Hundehütte aufzubauen. Mit dieser Ungewissheit setze ich mich an die Weiterbearbeitung von Blogs, die unsere eifrigen Leser begierig erwarten. Da die Akkukapazität jedoch begrenzt ist und es mir zu kritisch ist den Laptop alleine in der Küche oder im Waschraum zu lassen, ist die Arbeit hiermit zeitlich begrenzt. Das verschafft mir dann doch, dass ich mich einfach mal wieder hinlege und nichts tue. Wer mich kennt der weiß, dass dies etwas Ungewohntes für mich ist. Mir gehen viele der Erlebnisse unserer nunmehr fast 4-monatigen Rundreise durch den Kopf, Schwierigkeiten und Glücksmomente, Begegnungen und neue Erfahrungen. Ich überlege, dass es gut wäre in einem separaten Kapitel unserer Website ein Resümee unseres Abenteuers zu ziehen. Daher möchte ich in diesem Blog hierauf nicht näher eingehen. Zum Mittagessen gab es eine kleine, kalt gegessene Dose Nudelsuppe mit Fleischklößchen, dazu 1-2 Schlucke Rotwein und zum Nachtisch wieder einen Becher Früchtemilchreis. Um dem Bewegungsdrang nachzugehen wandere ich dann einige Zeit im angrenzenden Wald und um den Badesee herum, wo ich ohne die Hektik der letzten Monate versuche die Stille einzufangen. Aber es fällt mir schwer nach dieser turbulenten Zeit und so laufe ich zum Zeltplatz zurück und nehme mir mein Fahrrad unter die Lupe. Ich hatte mir in Scharbeutz noch einmal die Kette und die Schaltungen nachgeölt, die immer noch gut ihren Dienst tun. Aber die Hinterradfelge weist die beiden Dickstellen auf, die immer wieder an den Backen der Hinterradbremse anlaufen. Schiebe ich das Rad spüre ich deutlich, wie das Hinterrad mehr oder weniger blockiert. Beim Fahren ist die Schwungmasse so groß, dass es kaum auffällt und nur durch ein anschlagendes Geräusch sich bemerkbar macht. Es besteht die Gefahr, dass wie es mir vor vielen Jahren bei einer Fahrt in Luxemburg passiert ist, die Felgenflanke aufreißt und die Fahrt dann zu Ende ist. Einmal habe ich bereits versucht die Hinterradbremse ganz auszuhängen, da sie dann nicht mehr anschlagen kann. Hierbei habe ich mich aber sehr unsicher gefühlt, alleine auf die Vorderradbremse angewiesen zu sein. Es bleibt also eine Zitterpartie, wie lange die Felge noch durchhält. Hoffentlich habe ich dann die Möglichkeit eine Zugstrecke zu erreichen, um nach Hause zu kommen (es gibt für Radle zwar einen ADFC als Gegenstück zum ADAC, aber einen Abschleppdienst für Reiseradler gibt es nicht). Mit diesen Sorgen endet mein heutiger Bericht und mein ansatzweise gelungener Ruhetag.



