Samstag, der 24.08.2013; Fiasko beim Duschen, Traumfrühstück bei Inge und danach geht es gut gestärkt über Diepholz und Bersenbrück der Heimat immer näher bis an den Hertha See bei Hörstel

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Wer schon einmal deutsche Campingplätze besucht hat, der weiß, dass auf vielen Plätzen für das Duschen extra bezahlt werden muss. Hierbei gibt es eine Vielzahl verschiedener Bezahl- und Bedienvarianten. Eigentlich müsste man bei der Anmeldung einen DIN A 4 langen Fragekatalog mithaben, um die unterschiedlichen Systeme zu verstehen. Bei den einen muss man spezielle Münzstücke kaufen, bei den anderen reicht es, ein Eurostück in eine Box zu werfen. Dann gibt es Kartensysteme mit verschiedenen Bedienweisen. Zu guter Letzt gibt es auch noch unterschiedlich lange Wasserlaufzeiten, die entweder mit dem Einwurf der Münze startet und dann eine fest eingestellte Zeit abläuft (blöd wenn die Box nicht in der Dusche, sondern draußen im Flur hängt!), oder die Zeit läuft erst beim Öffnen des Wasserhahns (die bessere Variante!). Verdammt knapp wird die Zeit, die in der Regel nur zwischen 3 – 5 Minuten andauert, wenn die geeignete Wassertemperatur zunächst einmal gefunden und eingestellt werden muss. Es gibt Systeme, die man unterbrechen kann, z.B. wenn versucht wird, die knappe Warmwasserphase länger zu nutzen, um nach einer Benetzung der Körperoberfläche dann die inzwischen muskulöse Figur mit Shampoo, Seife oder Duschgel flink von Kopf bis Fuß in ein duftendes schaumiges Etwas zu verwandeln. Ok, es gibt auch Systeme, die, wenn man sie einmal abstellt, kein heißes Wasser mehr spendieren (komplett eingeseift dann irgendwie auch wieder blöd!) bis man dann die nächste Münze einwirft. Alle diese Varianten haben wir auf unserer Reise erleben dürfen und nicht selten wurde ich von meinen Radelpartnern dann gescholten, wenn irgendetwas nicht klappte, da ich dies bei der Anmeldung ja hätte erfragen können. Nun gebe ich zu, dass ich gestern Nachmittag bei dem freundlichen Empfang und der dann folgenden Anmeldung vergessen habe, diese Details zu erfragen. Ich wusste nur, ich brauche ein 50Cent Stück! Aber man ist ja ein fast 4 monatiger Campingplatznutzer mit reichlichen Erfahrungen der Duschvarianten. Normalerweise benutze ich als Gewichtsfetischist auf meinen Fahrradreisen für die Körperpflege nur Seife und für die Haare ein kleines Fläschchen Shampoo. Da aber immer wieder in Duschen auch Duschgels von Abreisenden – nur wenig geleert – stehen gelassen werden und Reinigungspersonal diese zur Weiterbenutzung sogar sichtbar in den Duschen aufstellt, habe ich mir ein Adidas Sportgel mit reichlich Menthol dann doch erlaubt einmal mit zu nehmen. Warum denn das, wird sich die interessierte Leserschaft nun fragen? Weil ich meinte, wie bereits einige Male vorher erfolgreich praktiziert, besonders schlau zu sein. Also man stelle sich bitte Folgendes vor, ein Kleidungsstück nach dem anderen wird abgelegt, zuletzt die Brille noch. Das 50Cent Stück lege ich sicherheitshalber auf die Münzenbox. Wie so oft ist mir nicht bekannt, wie lange das heiße Wasser zur Verfügung steht. Also - und nun kommt das Gel ins Spiel (mit Seife klappt der Trick nicht) - nehme ich mir eine knappe Handvoll des Gels und reibe meine Haare, das Gesicht und den inzwischen voluminösen Bart ein. Eine weitere Handvoll wird zwischen den Händen verrieben und wandert zwischen die Achselhöhlen und den Brustbereich. Es bleibt dem Vorstellungsvermögen eines Jeden überlassen, welche Körperteile sich auf diese Weise noch vorbereiten lassen. Es ist jedem Leser sicherlich aufgefallen, dass bisher kein Tropfen Wasser zum Einsatz gekommen ist. Nun kommen wir wieder zurück auf den aktuellen Morgen. Auf diese Weise eingeseift angle ich mit meinen glitschigen Fingern nach der Münze und stecke sie in den vorgesehenen Schlitz. Aber ein Hindernis lässt die Münze nicht fallen. Mehrere Male versuche ich es erneut, aber ohne Ergebnis. Mist, was mache ich jetzt, außer mir ist keiner in der Dusche, den ich fragen könnte und meine Klamotten über den eingeseiften Kerl, wie sehe ich denn da aus, wenn ich so über den Campingplatz laufe? Aber halt, ich versuche sicherheitshalber mal den Kaltwasserhahn und tatsächlich es kommt Wasser - natürlich eisig kalt – heraus. Wie oft habe ich gegenüber meinen Mitradlern betont, kein Warmduscher zu sein, also auch wenn es verdammt hart ist: Millimeter für Millimeter schiebe ich mich langsam in den eisigen Strahl. Nach unendlichen 3-4 Minuten bin ich gelfrei und kann mich abtrocknen und wieder anziehen, als letztes die Brille. Was sehe ich, als ich sie dann wieder auf der Nase habe? Rechts neben der Box ist ein winziger Hebel, mit dem der Münzschacht geöffnet wird! Es fällt mir an der Stelle nicht schwer, mir einzugestehen, doch reichlich blöde zu sein! Obwohl, diese Variante kannte ich bisher noch nicht! Zurück zum Zelt und alles einpacken, das Zelt kann noch zum Trocknen stehen bleiben, und ich gehe zu Inges und Jörgs Stellplatz, wo auch bereits Paul am Frühstückstisch Platz genommen hat. Zusätzlich wird mir Herbert vorgestellt, der gestern Abend nicht beim gemütlichen Plaudern dabei war. Der Tisch ist reichlich gedeckt mit verschiedenen Brotsorten und Aufschnitten, und es gibt duftenden frischen Bohnenkaffee. Natürlich stehen 2 große Teller mit reichlich perfekt gebackenen Spiegeleiern ebenfalls auf dem Tisch. Alle greifen herzhaft zu und Jörg muss tatsächlich noch einmal Spiegeleier nachlegen. Alles schmeckt ausgesprochen lecker. Es stellt sich heraus, dass Herbert der Lieferant der Eier ist und eine stolze Anzahl von Hühnern sein Eigen nennt. Als er von meiner Ostseeumrundung erfährt, berichtet er, dass er in früheren Jahren zur See gefahren sei und somit auch hoch bis nach Luleå gekommen sei (s.a. 27.07.2013). Eine Stadt, die ihm besonders gefallen habe. Einige andere Episoden aus seiner Seefahrerzeit weiß Herbert noch zu erzählen und wie bei Seeleuten üblich werden ihm viele Liebschaften und die daraus resultierenden Folgen nachgesagt, worüber er nur schelmisch schmunzelt. Ich muss mich dann leider aus dieser illustren Runde verabschieden, bedanke mich ganz herzlich für die Gastfreundschaft und die herzliche Aufnahme von den Vieren und packe noch mein Zelt zusammen und dann die einzelnen Packstücke aufs Rad um weiterzufahren. Vorher aber verabschiede und bedanke ich mich noch von Helga, die mich gestern so nett empfangen hat und die sicher auch für alle anderen Camper hier mit ihrer freundlichen Wesensart eine gute Erholung bietet. Doch auch heute begleitet mich die Angst um den Zustand meiner Hinterradfelge und da ich nachmittags weite Strecken über einsame Landstraßen fahren werde, auch die Sorge, was ich mache, wenn ich unterwegs liegen bleibe. Von Dönsel fahr ich nun über Nebenstraßen direkt auf Diepholz zu. Weiter geht es dann über die B 214 wieder über Bersenbrück bis Ankum. Ab hier fahre ich dann wieder Landstraßen tendenziell nach Süd-Süd-West. Ich überquere die Ankumer Höhe und erreiche kurz hinter Recke den Mittellandkanal, den ich rund 10km begleite. Nördlich von Hörstel gibt es einen großen Campingplatz mit dem Herthasee, den ich nach Überquerung einer Gleisanlage ansteuere. Der Übernachtungspreis ist relativ hoch und entsprechend ausgebaut ist die Infrastruktur des Platzes. So gibt es auch einen Fahrradverleih, der mit allerlei Werkzeug ausgestattet sein soll. Ja, das kommt mir ja wie gerufen. Noch bevor ich mit meinem vollgepackten Rad einen geeigneten Zeltplatz suche, steuere ich als erstes den Fahrradverleih an. Ich frage einen rüstigen älteren Herren, ob ich bei ihm richtig sei, da bei der Anmeldung mir die hohe Fachkompetenz des Radverleihers empfohlen worden sei. Ich merke, wie ich dem armen Mann einen Schrecken eingejagt habe, als er mein schwer bepacktes Rad sieht und frage sofort hinterher, ob er vielleicht zufällig einen Schraubstock in seinem Stützpunkt habe? Ja, damit könne er dienen, aber er sei kein Fahrradmechaniker. Ich beruhige den Mann und bitte den Schraubstock einmal benutzen zu dürfen, wenn ich meine Sachen weggebracht und mein Hinterrad ausgebaut habe.
Ich suche mir daher einen geeigneten Zeltplatz, lade mein Fahrrad ab, baue das Zelt auf, stelle das Fahrrad auf den Kopf, lasse die Luft aus dem Schlauch des Hinterrades und baue es aus. Damit gehe ich dann zum Radverleiher. Wir suchen ein ca. 30cm schmales Brettchen, dass wir auf die weniger ausgebeulte Seite der Felge zwischen Felge und Schraubstockbacke legen. Die andere Schraubstockbacke drehe ich vorsichtig gegen die ausgeprägtere Beule. Dieses Vorgehen birgt natürlich die große Gefahr, dass ein ganzes Stück der Seitenflanke abreißt. Daher nehme ich mir zunächst die nicht so stark deformierte von 2 Stellen vor. Es funktioniert! Nichts gerissen, die Seitenflanke sieht wieder gerade aus! Nun kommt die stärker deformierte Stelle dran, doch auch hier geht alles gut. Ich bin glücklich, bedanke mich bei meinem kompetenten Helfer, gehe mit der Felge wieder zum Zeltplatz zurück, baue das Hinterrad ein und kann weitestgehend gut die Felge nachzentrieren. Nun kann ich die Bremsen wieder deutlich enger stellen und sogar über den ganzen Umfang des Laufrades wieder bremsen. Aber dann kommt der Schreck, als ich wieder Luft aufpumpe, drückt sich die stärker deformierte Stelle wieder ein wenig heraus. Ich höre sofort auf und entscheide mich die restliche Strecke dann mit weniger Luftdruck auf dem Hinterrad zu fahren. Ich hatte mir für heute Abend und morgen eine Flasche Merlot gekauft, die ich hälftig an den beiden Tagen genießen wollte. Aber nach dem “leider nur“ Teilerfolg mit der Felge (ist für Ingenieure immer unbefriedigend) verdunstete der Flascheninhalt doch unplanmäßig (haben Ingenieure gelernt mit umzugehen) im Laufe des Abends vollständig. Mit diesem Schlafbeschleuniger war der Übergang in eine ungetrübte Nachtruhe dann doch problemlos zu bewältigen.