Dienstag, der 11. Juni 2013; Entspannungstag auf Åland, wir starten in Mariehamn und fahren bis auf die Insel Prästö, wir kämpfen mit uns, ob wir nach Schweden oder Finnland übersetzen

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Karl-Josef und Heiner werden beim Besuch eines Freilichtmuseums tierisch attackiert, trotz dunkler Wolken bleibt es trocken.
Auch in der Nacht fällt noch kräftiger Regen und doch wachen wir bei Sonnenschein auf. Heute erwartet uns in der (nach Internetangabe: Jugendherberge) Pension ein wirklich opulentes Frühstück. Die einfache Zimmergestaltung wird durch einen liebevollen Frühstücksraum aufgehoben. Überraschend groß ist er und wir fragen uns, wo denn die Leute alle unterkommen. Später bei einem Spaziergang durch den schön angelegten Garten zur ca. 80 m entfernten Küste sehen wir, dass es auch noch Ferienwohnungen gibt. Bei Sonnenschein sieht alles viel schöner aus, als am Tag vorher bei strömendem Regen. Heute Morgen gab es Diskussion, ob es nicht auch nach Stockholm gehen kann. Die Küste zu Schweden ist hier in Mariehamn näher als zu Finnland. Unser Heiner haderte hier schon arg, konnte aber überzeugt werden, mit uns zur finnischen Küste und dann weiter nordwärts zu fahren. Åland ist ein kleines Stück Schweden in Finnland. Die Åland-Inseln gehören zwar zu Finnland, sind aber autonom, die Amtssprache ist Schwedisch und sie haben eine eigene Nationalhymne, Autokennzeichen und Internetdomain. Nur keine eigenen Euromünzen. Åland brauchte Mitte des 19. Jahrhunderts dringend eine neue Hauptstadt, weil die Franzosen die alte während des Krimkriegs in Grund und Boden geschossen hatten. Die Neugründung fiel in jene 100 Jahre, in denen die russischen Zaren in Finnland das Sagen hatten. Alexander II. entschied sich für eine Landzunge im Süden des åländischen Festlandes. Das bescherte der neuen Hauptstadt gleich zwei Häfen, einen im Westen und einen im Osten. Und die Zarengattin Maria, eine gebürtige Darmstädterin, spendierte den Namen: Mariehamn, Marienhafen. Die relativ junge Stadt hat keine ausgeprägte Altstadt, wie wir sie bei unseren Besuchen der Hansestädte Danzig, Riga, Tallinn und Helsinki finden konnten. Heute wollen wir gemütlich bei schönem Wetter uns diese Stadt ansehen. Es geht hier sehr ruhig zu und auffallend ist, dass wenn wir mit unseren Rädern die Straßenseite wechseln wollen, Autos gelassen warten und uns den Vortritt geben. Wir fahren auf die Ostseite der schmalen Landzunge zum Hafengelände und finden dort ein Freilichtmuseum. Bei dem Schlendern über einen Steg fliegen auf einmal Möwen Attacken gegen Heiner und Karl-Josef. Wir finden auf dem Weg zu einer kleinen Holzkapelle auch die Ursache. Kleine Möwenküken spazieren über einen Anlegesteg. Einige Male tauchen die attackierenden und schrill schreienden Angreifer gefährlich nahe über den Köpfen auf und lassen die beiden zusammen zucken. Glücklicherweise bleibt es bei den warnenden Attacken. Danach geht es gemächlich weiter, jetzt wieder in Richtung Osten. Wieso weiß der Wind immer, in welche Richtung wir fahren, denn er steht jetzt wieder gegen uns, obwohl wir doch heute eine ausruhende Fahrt geplant haben? Glücklicherweise bleibt es aber trocken, obwohl sich schwarze Wolkenblöcke um uns herum aufbauen. Wir radeln über so manche kleine Insel, mal über Brücken mal mit Fährbetrieb verbunden. Auffallend sind auf Åland die roten Straßen. Der Granitfelsen hier auf den Inseln schimmert ja auch rot und daraus wird wohl auch der Schotter zum Straßenbau gebrochen. Wir kommen vorbei an der mittelalterlichen Burg Kastelholm, welche besonders im 15. und 16. Jahrhundert eine wichtige Rolle in den skandinavischen Machtkämpfen spielte. Beim letzten Wechsel von der Insel Sund auf die kleine Insel Prästö entdecken wir die Überreste einer weiteren militärischen Befestigung. Unter russischer Regentschaft wurde hier im 19. Jahrhundert die Festung Bomarsund errichtet, die von einer anglo-französischen Flotte 1854 zerstört wurde. Kurze Zeit später erreichen wir einen Zeltplatz mit Küche. Es waren außer uns noch einige andere Zelte da. 3 Mädels und ein junges Pärchen jeweils auch mit Rädern und ein junges Ehepaar mit Auto. Hierbei stellt sich heraus, dass es Svetlana und Aleksei aus St. Petersburg sind. Für Russen scheinen die Åland-Inseln ein interessantes Urlaubsland zu sein, da wir am nächsten Abend auf dem Zeltplatz eine Familie und eine Radreisegruppe aus St. Petersburg treffen. Liegt es daran, dass Russen möglicherweise in den aus meiner Sicht interessanteren Länder wie Polen oder den baltischen Ländern nicht so sehr gelitten sind? Jedenfalls gab es eine Einladung für uns zu einer Stadtbesichtigung von den beiden, auf die wir leider im Rahmen unserer Ostseeumrundung nun nicht mehr zurückgreifen können. Hier haben wir die Möglichkeit, mit den bereits am Vortag gekauften Lebensmitteln ein leckeres Mittag-/ Abendmahl zu zaubern. Auf Wusch von Karl-Josef gibt es Spaghetti Bolognese mit frischem Salat. Meine Mitradler waren anschließend voll des Lobes zu dem herzhaften und reichlichen Essen. Dies führte dazu, dass Heiner schon um 20:00 Uhr in den Schlafsack kroch, mit der Konsequenz, dass er nach eigener Aussage dann um Mitternacht hätte nicht mehr schlafen können. Dies muss dann bis ungefähr 4:00 Uhr angehalten haben, da Karl-Josef sich um diese Zeit über ausgeprägte Schlafgeräusche seines Zeltnachbarn um den Schlaf gebracht fühlte (ist er selber schuld, er sollte wie ich mit Oropax schlafen) und ihn kräftig anstoßen musste. Ich überlege das Einzelzelt für die kommende Nacht Heiner zu überlassen, damit Karl-Josef sich wieder regenerieren kann.

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