Un-ruhetag am Sonntag den 07.07.2013 in Kramfors; für uns nicht nur ein besonderer Sonntag, sondern auch ein durch Kerstin und Hans gestalteter Tag, mit vielen Eindrücken für alle Sinne, auch für die, die auf unsere Reise bisher nicht gepflegt wurden.

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Wochentage spielen bei einer Ostseeumrundung nach 4.500 km keine Rolle mehr. Heute ist jedoch ein ganz besonderer Tag. Es ist Sonntag, herrlicher Sonnenschein und ich ziehe mich auch nach dem Duschen „sonntagsfein“ an, soweit das die Radler-Taschen hergeben. Pünktlich werden wir von Kerstin und Hans im PKW abgeholt und zum Gottesdienst nach Froghi mitgenommen. Hans ist evangelischer Pastor und wird die Messe lesen. Wir haben bis 11:00 Uhr zum Beginn des Gottesdienstes Zeit und besuchen den umliegenden Friedhof und das unmittelbar angrenzende Seeufer. Die kleine barocke Natursteinkirche von Skog gehört zur Gemeinde Froghi und stammt aus dem Jahr 1319 und ist im Gegensatz zu den mir bekannten, schlichten protestantischen Kirchen mit einem schönen Hochaltar mit Wandbemalung und Altaraufsatz aus dem Jahr 1754 für Gläubige sehr ansprechend gestaltet. Dazwischen leuchtet ein bleiverglastes Kirchenfenster von 1994, auf dem Christus als guter Hirte dargestellt ist. Bei hochsommerlichem Wetter begrüßt der Pastor im weißen Talar vor der Kirchentür die Gläubigen. Es erinnert mich sofort an unsere katholischen Gottesdienste zu Hause. Die Priester sind hier immer in Weiß und im Gegensatz dazu die protestantischen Pastöre in schwarz gekleidet. Wir erhalten ein Gesangbuch und ein Faltblatt zum Messverlauf. Ich verfolge genau die gespielten Liedtexte und finde neben einigen Gesängen, die schwedischen Autoren, auch einige, die Martin Luther zugeschrieben werden. Das Matthäus Evangelium 16:24 – 32 handelt von der Aussage Jesu: „… will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach …“. Am Vorabend hatte Hans uns den Text bereits vorgelegt. Es kam leider zu keinem richtigen Austausch darüber, da ich kein Englisch spreche und das Gespräch in eine andere Bahn lief. Der Bibeltext hatte mich sehr berührt, da es meiner Meinung nach möglich ist, mit den tiefgreifenden Aussagen im Evangelium einen Gedankenaustausch über den Inhalt persönlicher Glaubensfragen zu kommen. Hans würdigte in der Messe unsere Anwesenheit, indem er Jürgen bat, den deutschen Text dieses Matthäus Evangeliums − vor dem von Hans gelesenen schwedischen Text − vorzutragen. Anschließend erfolgte die Predigt natürlich in Schwedisch, die ich leider nicht verstand. Der Textimpuls der Lesung beschäftigte mich einige Zeit. Ich empfand die Messe sehr feierlich und unserer katholischen sehr ähnlich. Wandlung und Abendmahl sind für mich im Erleben gleich. Das liegt wohl an der Ausrichtung der schwedischen Protestanten an ihren Gründer Martin Luther. Nach der Messe hatte Hans noch ein Gespräch mit einem Brautpaar. Das ließ Gelegenheit, noch ein paar Fotos von der unmittelbaren Umgebung zu schießen. Zu Hause zog Hans sich Zivilkleidung an und wir stärkten uns an dem von ihm selbst gebackenen Weißbrot und Sauerteigbrot mit Marmelade, Käse und Kaffee. Hans erfüllte dann unseren Wunsch, auf den höchsten Punkt der Umgebung, in den Skuleskogens Nationalpark, mit dem PKW zu fahren. Ein Sessellift brachte uns auf 298 m Höhe. Von dort hatten wir einen herrlichen Blick über die der Küste vorgelagerte Inselwelt. Sie hat sich vor 10.000 Jahren aus dem Meer erhoben. Ein paar Meter unterhalb unseres Standortes war in dieser Zeit Ostseestrand. Die Berge wachsen weiter. Jedes Jahr um 0,8 cm in die Höhe. Bisher 260 Meter über dem Meeresspiegel. Von dort ging es dann zur Küste. Ein Teil der Wege waren uns schon vom Vortag bekannt. Nun jedoch fuhren wir die Strecke nicht mit dem Rad, sondern mit dem Auto. Ein ganz anderes Gefühl! Im Örtchen Näsänget lud uns Hans innerhalb eines Freilichtmuseums mit Kunstausstellung (heutiger Zeit) zum Essen ein. Außer Jürgen aßen alle gebratenen Fisch (viele kleine Filets mit einer wunderbaren Gewürzkruste) mit Kartoffelpüree und Salat. Ein kurzer Rundgang zwischen und in den alten Holzhäusern schloss den Ausflug ab. Wieder zurück nach Kramfors durfte Jürgen eine Widmung ins Gästebuch schreiben. Nach herzlicher Verabschiedung von Kerstin brachte uns Hans wieder zum Zeltplatz zurück. Eingeschlossen in meinem „Kokon“ Schlafsack, dachte ich über die enge Begegnung mit mir bisher unbekannten wertvollen Menschen und die Erfahrungen von Glauben und wunderbarer Natur in diesem Teil der Welt nach.
Ergänzung durch Jürgen:
Hans ist ein wunderbarer Seelsorger und hat ein ansprechendes Charisma, das bei früheren Begegnungen und auch heute noch, in Gesprächen Spuren hinterlässt. Wir haben uns natürlich die Frage gestellt, ob wir nicht noch länger bleiben können / sollen, da es immer auch spannend ist, sich mit Hans auszutauschen. Aber ich hatte es versäumt, unseren Besuch langfristiger anzukündigen. Die Kurzfristigkeit dieser Ankündigung, aber auch einige gesundheitliche Probleme der Besuchten, haben uns bewogen das Treffen nicht auszudehnen. Es ist bei einer solchen Reise auch immer etwas schwierig, Besuchstermine einzuplanen, da so viele Faktoren hier einwirken können. Obwohl ich Kerstin, Eric und Hans vor 28 Jahren bei uns in Königsdorf kennengelernt habe und wir einige Jahre nicht mehr korrespondiert haben, war die alte Freundschaft sofort wieder lebendig, wie auch Hans abschließend feststellte. Somit war das Wiedersehen für mich ein ganz tolles Erlebnis, aber der Abschied fiel mir dann wirklich schwer.

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