Freitag, der 12.07.2013; von Ljusne (Nähe Söderhamn) geht es weitestgehend parallel einer Eisenbahnlinie auf einen schönen aber nassen Waldzeltplatz in Furuvik (Nähe Gävle), außerdem Gedanken kommen und gehen!

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Den gestrigen Ruhetag haben wir zwar zum Waschen genutzt, aber außer Karl-Josef (die Rohloffnabe braucht immer etwas mehr Zuwendung) hat keiner Fahrradpflege gemacht, d.h. wir haben uns wirklich ausgeruht! Hinter einer Staumauer, bzw. auf einer Halbinsel, waren Angler sehr erfolgreich auf der Jagd nach Lachsen. In regelmäßigen Abständen konnten wir wahre Prachtexemplare aus dem Wasser springen oder zumindest an der Wasseroberfläche schwimmen sehen. Leider waren die Angler sehr geschickt und mancher Lachs hatte das Nachsehen. Auf meine Frage hin, warum es denn keine Fischtreppe gebe, hatte mir Martin, der nette Campingplatzwirt, erklärt, dass man wohl in Schweden damit Probleme habe. Da wo man Treppen gebaut hat und den Laichbestand nicht mehr künstlich organisiert habe, gebe es keine Lachse mehr. Aber heute geht es nun wieder weiter. Wir haben strahlend blauen Himmel und nach dem Duschen und Frühstücken wird eingepackt, das leckere Essen von Martin und Heike vom Vorabend wird noch bezahlt. Wir verabschieden uns von den beiden, die uns mit Kölle Helau begrüßt hatten (wegen meinem Köln-Fähnchen am Fahrrad), sich dann aber als überaus nette Gastgeber erwiesen. Ich wünsche ihnen viel Erfolg bei dem Versuch hier in Schweden zusammen mit ihren 5 Kindern Fuß zu fassen. Aber mit ihrer Freundlichkeit und offenen Art werden sie noch viele Sympathien ernten und es bleibt zu hoffen, dass ihnen ein Auskommen mit dem Campingplatz ermöglicht wird. Vom Campingplatz aus sind wir schnell auf einer gut zu befahrenden Landstraße. Es geht entlang einer Eisenbahnlinie und da Eisenbahnen in der Regel keine großen Steige- und Gefällestrecken brauchen können, haben auch wir − bis auf kleine Ausnahmen − eine mittlerweile für uns relativ flache Etappe. Auch wenn es wieder durch schöne Alleen geht, bietet die Strecke nicht wirklich etwas Neues. Wenn ich denn so vor mich hin strample und der Blick wenig Abwechslung bietet, dann schweifen meine Gedanken umher. Sie wandern über verschiedene Erlebnisse unserer Tour, was wird uns an den nächsten Tagen erwarten, was ist zu organisieren, wie wird das Streckenprofil sein, wie die Straßenverhältnisse, wie das Wetter? Stockholm wartet, werden wir einen Platz auf der Af Chapman bekommen? Wie wird es sein, auf einem Schiff zu schlafen, wird es schwanken, wo werden wir unsere Fahrräder sicher unterbringen können? Aber die Gedanken gehen auch weiter. Das Ende unserer Tour rückt näher. Es wird nach der Rückkehr die Situation auf mich zu kommen, mich im „Ruhestand“ organisieren zu müssen, da mein tägliches Berufsleben nicht mehr gegeben ist. Vor dem Start unserer Tour war so viel zu erledigen, dass es einen strukturierten Tagesablauf nicht geben konnte. Es gibt so viele Ideen, die in mir schlummern, was ich alles machen möchte / könnte. Meine Schwiegermutter ablösen in der Gartenarbeit wird mir wichtig sein, da ich hierbei vergleichbar mit dem vor mich Hinradeln – ähnlich einer Meditation – Gedanken kommen und gehen lassen und Entspannung finden kann. Bei meinen früheren längeren Reisen war es immer so, dass ich mein Fahrrad für einige Zeit dann nicht mehr angepackt habe. Aber es würde mir schon Spaß machen, mich meinem Freund Ferdi anzuschließen und mittwochs Fahrradtouren mit dem ADFC (Allgemeiner deutscher Fahrradclub) zu fahren. Elisabeth zum Aquajogging zu begleiten wäre eine Möglichkeit. Die Vorstellung im sozialen Bereich mich zu engagieren möchte ich umsetzen. Das Berufsleben auf Sparflamme noch eine Weile fortzusetzen, verschiedene Renovierungsarbeiten angehen und vieles mehr wandern durch meinen Kopf. Aber auch im Hier und Jetzt kreisen die Gedanken. Auf den Strecken, die wir fuhren, sind wir nur auf wenige Dörfer und Städte gestoßen. Es überwiegen einzelne, sehr abgelegene Häuser oder Höfe. Wenn ich ein verstecktes Häuschen entdecke, dann kommt immer die Frage auf, ja von was leben diese Menschen denn? Brauchen diese Menschen keine Kommunikation, die Unterstützung mit-/untereinander? Wie ist es für die Kinder, wenn sie es kilometerweit bis zum nächsten Freund haben, wie kommen sie in die Schule? Auf den Verbindungsstraßen die wir fahren, gibt es manchmal Strecken von 70-80 km, bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit. Aus dem Hinterland werden dann schnell mehr als 100 km, um einkaufen zu können. Wie schaffen diese Menschen es im Winter, bei minus 30° C versorgt zu sein? Zurück zu unsere Radelstrecke vom heutigen Tag. Da wir in Schweden zu 90 % Wege und Straßen durch Wald fahren, fällt uns auf, dass die Schweden immer ganze Lichtungen abholzen und nicht wie bei uns in Deutschland selektiv. Da es nach Aussage von Schwedenkennern kein Land gibt, in dem so viel Erfahrung mit der Holzwirtschaft vorliegt, wird es anscheinend bei uns nur aus optischen Gründen anders gemacht. Die komplette Rodung ist sicher die wirtschaftlichste Variante. Es wird aber auch gezielt nachgepflanzt, wie wir beobachten konnten. Vor der Stadt Gävle fahren wir mehrere Kilometer nur Schotterwege und kommen dann aber in eine unerwartet moderne Wohnbebauung, die fast schon mediterranes Flair zu bieten hat. An einem Flusslauf sehen wir in einiger Entfernung eine Schaukel, mit der sich Jugendliche hoch in die Luft katapultieren um dann mit Salto in das große Becken eines Ostseekanals einzutauchen. Auf den weiteren ca. 10 km bis zu unserem Zeltplatz Furuvik entdecken wir parallel zur Straße eine Leitung verlaufen. So etwas habe ich noch nie gesehen, sie besteht mit ca. 1.200 mm Durchmesser aus Holz und wird durch Eisenringe, ähnlich unseren Weinfässern, in runder Form gehalten. Diese Leitung begleitet uns über mehrere Kilometer und sogar Übergabetürme gibt es, vermutlich, um Höhenunterschiede auszugleichen. Der Campingplatz in Furuvik liegt direkt neben einem großen Tierpark, so dass hier viele Familien das beginnende Wochenende nutzen, um den Park zu besuchen und mit den Kindern hier zu übernachten. Dementsprechend voll ist der Patz. Wir finden auf einer schönen Wiese neben einem Teich einen Aufstellplatz für die Zelte, müssen aber feststellen, dass die Wiese wie ein Schwamm pitschepatschenass ist. Da wir vorlaufend nach Alternativen gesucht und nicht gefunden haben, bleibt uns keine andere Wahl. Nasse Wiesen bedeutet immer, Sachen die im Vorzelt verbleiben mit besonderer Vorsicht anziehen, z.B. Schuhe. Ich habe schon erlebt, dass sich hier in Form einer Schnecke ein Gelpolster einnistet, um einen weicheren Sitz des Fußes zu erzeugen. Auch beim Abbau des Zeltes am nächsten Morgen muss kontrolliert werden, dass man diese anhänglichen Tierchen nicht mit einpackt.

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