Ich habe in meinem Leben noch nie so gut auf einem Schiff geschlafen, wie diese Nacht auf der Af Chapman. Gut, zum einen gab es auch überhaupt nur wenige Gelegenheiten für mich und dann waren das jeweils Überfahrten, teilweise auf stürmischer oder auch ruhigerer See. In dieser Nacht hat sich der 3-Mast-Schoner kaum bewegt. Am Abend vorher treffe ich in der Küche die immer früh aufstehende Annatina aus der Schweiz, der ich ja empfohlen hatte, hier Quartier zu nehmen. Aber, wie sie mir gestand, ist sie fürchterlich empfindlich bezüglich Seekrankheit und hat daher die Jugendherberge auf der Insel der Af Chapmann vorgezogen. Die 3 Engländer sind nachts äußerst diszipliniert und leise zurückgekommen, so dass wir kaum im Schlaf unterbrochen wurden (wir haben Mehrbettraum). Schnell wird geduscht und auf dem Oberdeck das Frühstück vorbereitet. Heißes Wasser holen wir aus der Küche vom JH-Haus nebenan, um unseren Nescafé aufzuschütten. Da Karl-Josef und ich gestern Abend noch einkaufen waren (war nicht einfach, 1. Sonntag nach 20:00 Uhr, 2. es gibt keine Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel im Zentrum!) gab es heute mal seit Wochen zusätzlich zur standardisierten Salami eine Art Fleischwurst. Es hat etwas total Exquisites auf so einem tollen Segelschiff sein Frühstück einzunehmen, mit der Möglichkeit das gesamte Hafenbecken zwischen dem Königsschloss und der Museumsinsel Skepps-Holmen einsehen zu können. Schnell ist auch gespült und während Heiner sich entscheidet einen Blog zu Ende zu schreiben, fällt die Wahl für Karl-Josef und mich auf den Besuch des Vasa-Museums. Da unser Quartier, wie in den anderen Hauptstädten auch, sehr zentral gelegen ist, brauchen wir nur einige Hafenbecken zu umrunden und schon stehen wir vor einem großen Gebäude mit grau angelaufener Kupferblechverkleidung mit 3 stilisierten Masten. Eine lange Schlange wartet bereits vor der Kasse, aber zum Glück geht es dann doch recht schnell mit dem Einlass. In der Größe der Halle über insgesamt 5 Etagen verteilt sich die Menschenmenge zum Glück ganz gut. Doch was ist die Vasa eigentlich? Am 10. August 1628 sank das Kriegsschiff Vasa im Stockholmer Hafen, genau an dem Tag, an dem es seine Jungfernfahrt antrat. Erst nach 333 Jahren auf dem Meeresgrund wurde das Wrack 1961 geborgen. In den Folgejahren wurde es zusammen mit seinen mehr als 700 Skulpturen sehr aufwendig restauriert. Aber was war der Grund für den Untergang? Um es kurz zu machen, wenn Könige meinen, Fachleuten ins Handwerk pfuschen zu müssen, dann geht es schon mal schief (Details aus Wikipedia, s. Anhang). Jedenfalls ist das Museum didaktisch ganz toll aufbereitet und man kann fast nicht genug bekommen, sich an dem reichlichen Schmuckwerk satt zu sehen. Interessant, als wir das Museum verlassen, stehen vor dem Eingang geschätzte 100 Fahrräder mit Beschriftungen AIDA und Rose (für nicht Fahrradkundige: Deutschlands / Europas größter Spezial-Fahrradhändler, Karl-Josef hat sein Fahrrad von Rose, das sind die, die ihm die falschen Speichen für seine Rohloffnabe mitgegeben haben). Danach wandern wir zunächst neugierig durch verschiedene Bezirke, mit dem Ziel die Altstadt „Gamla Stan“ kennenzulernen. Wesentlicher Gebäudekomplex ist das „Kungliga Slottet“,das Königsschloss. Aber wir hatten den Eindruck, dass es in keinem besonders guten Zustand ist (nicht vergleichbar, mit dem Brühler Schloss, aber das wurde ja auch von einem Erzbischof gebaut), so erfuhren wir auch, dass der schwedische Königs Carl XVI. und andere Mitglieder der königlichen Familie zwar noch Büros im Schloss haben, aber bewohnt wird es nicht mehr. Es dient darüber hinaus dem König zu repräsentativen oder zeremoniellen Zwecken während der Ausübung seiner Pflichten als Staatsoberhaupt. Interessant sind die an verschiedenen Stellen stehenden Wachen, die zwar repräsentativ vor ihren Häuschen stehen, aber ansonsten ganz locker umher sehen und wenn sie einen Krampf im Bein haben, gehen sie einfach im Stechschritt ein paar Schritte auf und ab. Um ihr Häuschen herum ist ein magischer Kreis gesprüht, den Besucher nicht überschreiten dürfen, sonst gibt es passende Bemerkungen seitens des Wachoffiziers. Wir schlendern durch die Altstadt und entdecken kleine Gässchen, bei denen die Häusergiebel mit erdfarbenen Tönen gestrichen sind und eine gemütliche Atmosphäre verbreiten. Zurück zum Hafenbereich besichtigen wir noch einen 4-Mast-Segler, der heute Vormittag angelegt hatte und fragen uns danach nach einer Einkaufsmöglichkeit für unser Abendessen und das morgige Frühstück durch. Zum Glück kaufen wir einen Fertigsalat, denn in der Jugendherberge ist in der Küche Hochbetrieb und so wird nur noch Reis gekocht, der mit dem Salat zusammen eine leckere Mahlzeit ergibt. Danach sind wir vom vielen Laufen richtig kaputt und setzen uns nur noch aufs Oberdeck und genießen die tolle Rundumsicht über den Hafen „Strömen“ der zwischen den Inseln Riddar- und Skeppsholmen liegt, wo auch unser schönes englisches Schulschiff Af Chapmann seit Jahren vor Anker liegt. Da es mittlerweile nachts auch wieder dunkel wird, können auch wieder einige Nachtaufnahmen gemacht werden, die seit Helsinki wegen der Nachthelligkeit nicht möglich waren.
Anhang:
Wikipedia: König Gustav II. Adolf von Schweden ließ ab 1625 das Kriegsschiff Vasa bauen, und zwar für den Schutz schwedischer Interessen gegen Polen während des Dreißigjährigen Krieges. Das lutherische Schweden wollte als aufsteigende Seegroßmacht den Import von Hanf zur Herstellung von Tauwerk für neue Schiffe aus dem zur damaligen Zeit unter Einfluss des katholischen Polens stehenden Baltikum sicherstellen. Neben religiösen und strategischen Gründen für den Krieg gab es auch persönliche: Der Vater von Gustav II. Adolf, Karl IX., hatte den polnischen König, der sein eigener Vetter war, zuvor vom schwedischen Thron gejagt, den dieser nun zurückzuerobern hoffte. Der erste Auftrag des Schiffes sollte die Blockade der Weichselmündung bei Danzig sein. Die Vasa war Bestandteil einer größeren Bestellung über zwei große und zwei kleine Schiffe. Das zweite große Schwesternschiff sollte den Namen Tre Kronor (Drei Kronen, Anmerkung von mir: wurde später nur um einen Meter breiter gebaut und die oberen Kanonen wurden leichter gemacht, hat viele Jahre Dienst geleistet ohne umzukippen!) erhalten. Der verantwortliche Schiffbaumeister war der Holländer Henrik Hybertsson († Mai 1627). Zu dieser Zeit gab es noch keine Planzeichnungen in heutiger Form. Stattdessen benutzte man überlieferte Proportionen, die einem Schiff gute Eigenschaften geben sollten. Hybertsson richtete sich, wie bei Baubeginn gefordert, nach Proportionen für ein Kanonendeck. Nachdem Gustav II. Adolf erfahren hatte, dass der Feind ein ähnlich großes Schiff bauen ließ, befahl er 1627, auf dem oberen Batteriedeck Kanonen in gleicher Zahl und vom gleichen Kaliber wie auf dem unteren Batteriedeck zu installieren, um so die Feuerkraft weiter zu erhöhen. Dies war ein schwerer Fehler: Die gesamte Statik des Schiffes, die durch Ballaststeine im Rumpf kontrolliert wurde, geriet außer Kontrolle. Durch die erhöhte Masse und den damit verursachten größeren Tiefgang lagen die Öffnungen für die unteren Kanonen ohnehin bereits bei geringer Krängung unterhalb der Wasserlinie, wobei der erhöhte Schwerpunkt die wind- oder ruderlagenbedingte Krängung zusätzlich vergrößerte. Der Bau der Vasa war für Schweden auch ein Prestigeprojekt. Sie war bestückt mit 64 Kanonen, die der Feuerkraft der gesamten polnischen Flotte gleichkommen sollten. Das Schiff war etwa 69 Meter lang, 12 Meter breit und am Großmast fast 52 Meter hoch. Über 700 Statuen, deren fratzenhafte Gesichter Schwedens Stärke demonstrieren und den Gegner demütigen und ängstigen sollten, zierten die Vasa. Es war ein Gewimmel aus römischen Kriegern, Löwen, Nixen, Phantasiefiguren und griechischen Gottheiten. Die Figuren entstanden im Renaissance- und frühen Barockstil. Die Inspirationen kamen hauptsächlich aus der Bibel, aber auch aus griechischen und römischen Sagen und aus verherrlichten schwedischen Königsstammbäumen. Zuerst bugsierte man die Vasa von der Werft zum Ufer vor der königlichen Burg Tre Kronor. Der Flottenchef, Vizeadmiral Klas Fleming, ließ das Schiff einrichten und systematische Proben durchführen, die die Stabilität des Schiffes testen sollten. Eine der Proben bestand darin, dass 30 Mann der Besatzung von einer Seite des Schiffes zur anderen rannten. Das Schiff schwankte dabei so sehr, dass man sich zum Abbruch des Versuchs entschloss. Trotz dieses Problems lichtete die Vasa unter Kapitän Söfring Hansson Jute am 10. August 1628 die Anker. Vier Segel wurden gesetzt und Salut geschossen. Eine der alten Quellen gibt an, dass das Schiff schon auf den ersten Metern trotz geringen Windes eine bedrohliche Schräglage hatte. Der erste stärkere Windstoß ließ das Schiff etwa 1.300 Meter nach dem Start kentern. Dabei starben schätzungsweise dreißig bis fünfzig Menschen. Insgesamt dauerte die Fahrt der Vasa nur etwa 20 Minuten.
























